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Trümmer des Abbrandes nach dem 25. August 1950 |
Abseits ausgetretener und touristisch erschlossener Pfade lädt uns das beschauliche Gingst zu einem Besuch ein. Schon auf den ersten Blick unterscheidet sich dieses ursprüngliche Angerdorf wesentlich von anderen auf der Insel. Der Marktplatz – östlich dominiert von der bereits aus der Ferne gut sichtbaren Backsteinkirche – präsentiert sich mit glatt geputzten Häusern und einem zentral aufgestellten Denkmal neuzeitlich.
Erst ein Blick in die Geschichte offenbart: Der Ort wurde mehrfach arg geschunden. Nicht nur im Dreißigjährigen Krieg hatte Gingst große Verluste an Menschen und Gebäuden zu beklagen. 1826 kam es zu einer Brandkatastrophe, der „Pfarrhaus, Cappelaney-Schule, Küsterey, Armen-Haus, Wittwen-Haus“ und 34 weitere Wohnungen zum Opfer fielen. Vom gesamten Ort blieben damals nur 29 Häuser und die beschädigte Kirche stehen. Geradezu unvorstellbar, dass vor 60 Jahren noch einmal der Feuerteufel ähnlich verheerend zuschlug.
25. August 1950. Kurz nach 14.00 Uhr ballen sich Rauchwolken – weit sichtbar - über der Scheune des Bauern Köpke zusammen. „Feuer! Feuer!“ Rufe gehen durch den Ort. Doch durch das trockene Strohdach blitzen schon die ersten Flammen. Der Anblick lähmt nicht nur die Anwohner. Auch Ortsfremde sind fassungslos. Wasser ist knapp, der Löschteich soll ausgetrocknet sein. Der Alarm ruft Feuerwehren von Insel und Festland herbei. Doch das Feuer greift bereits auf weitere Gebäude über. Erst gegen 17.00 Uhr lässt sich der Brand schließlich unter Kontrolle bringen.
Der Blick über den niedergebrannten Ortsteil zeigt das Ausmaß der Katastrophe: 17 Wohnhäuser, 23 Ställe und andere Wirtschaftsgebäude sind abgebrannt. 88 Personen wurden durch den Brand obdachlos... Ähnlich, wie wir es aus heutigen Berichterstattungen kennen, eilt auch damals die Polit-Prominenz – der Sekretär der Landes-Parteileitung und der Ministerpräsident des damals noch bestehenden Landes Mecklenburg – nach Gingst. Das Versprechen: Bis zum 15. Oktober 1950 sollte der abgebrannte Stadtteil neu aufgebaut werden. Mutig, denn nur wenige Wochen verbleiben, um Wohngebäude wieder herzustellen, sie einzurichten und bezugsfertig zu machen!
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Der Wiederaufbau beginnt in rasantem Tempo... |
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Ein Grund zum Feiern: Der geglückte Wiederaufbau |
1976 – 35 Jahre nach der Katastrophe – erinnerte man sich noch gern an das Aufbauwerks. Neben einer propagandistischen Broschüre „Hoch die Fahne der Solidarität“ wird auch ein Denkmal auf dem neugeschaffenen Marktplatz eingeweiht. Es erinnert an die vielen Aufbauhelfer und die gesammelten Spenden. Heute weckt der Betonstein durch seine Form durchaus Erinnerungen an andere Denkmäler aus der DDR-Zeit. Doch der „Klotz“ ist im Gegensatz zu diesen durchaus fundierte Rückbesinnung an einen gemeinschaftlichen Werk des Aufbaus eines zerstörten Ortsteils – egal wie es heute auch unterschiedlich kommentiert werden mag.
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Das "Haus der Jugend" (l.) und die Gemeindeverwaltung (re.) |
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Das Denkmal erinnert auch heute noch an den Wiederaufbau von Gingst |