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Hermann Lietz (* 28. 04. 1868 Dumgenevitz - † 12. Juni 1919 Haubinda) |
An seinem Geburtsort erinnert heute nichts an den Gründer der Landerziehungsheime. Ja, selbst ein Eingangsschild für den Ort fehlt! Und so könnten Wanderer, die auf den Spuren jenes bedeutenden deutschen Reformpädagogen - zwischen Lanschvitz und Karnitz - pilgern, den Ort selbst mit seinen wenigen Bebauungen gar nicht als solchen wahrnehmen.
Lietz war der Sohn eines Landwirts, der Umgang mit Tieren und Natur haben ihn Zeit seines Lebens tief geprägt. Und was würde er wohl sagen, wenn er heute sehen würde, wie mittlerweile Tausende Bäume auf der Insel in den letzten Jahren gefällt wurden? Auch unweit seines Heimatdorfes liegen die nackten Stämme sauber aufgeschichtet...
Hier nur unweit von Kasnevitz begann also sein Werdegang: Als zweitjüngstes Kind – von neun Kinder – wurde Hermann Lietz in Dumgenevitz bei Kasnevitz geboren. Sein Vater, Gottfried, war Gutsbesitzer und galt als offen, vertrauenswürdig und belesen. Seine Mutter, Emilie Elgeti, stammte aus einer Garzer Schneiderfamilie. Schon als Kind wurde Hermann Lietz von den Abläufen der Bewirtschaftung des Gutes, der Natur, aber auch von Sparsamkeit und Entbehrungen im Elternhaus nachhaltig geprägt. Nach der Unterrichtung durch einen Hauslehrer, besuchte er ab 1877 das Gymnasium in Greifswald.
Jedoch führten schlechte schulische Leistungen zunächst zu einer halbjährigen Unterbrechung des Schulbesuches und schließlich zu einem Wechsel nach Stralsund, wo er am 9. März 1888 die Reifeprüfung ablegen konnte. Auch diese Erlebnisse, überalterte Lehrer und ein Paukunterricht mit Prügelstrafe, wirkten tiefgreifend in Lietz nach.
Da seine Neigung sowohl der Landwirtschaft, Gärtnerei als auch Bildhauerei galten, aber ebenso Interesse an sozialer Arbeit, sowie Lebens- und Glaubensdingen bestand, wandte er sich nach dem Abitur der Theologie zu, hörte daneben aber auch Vorlesungen in Philosophie, Geschichte und Germanistik. Anschließend legte er die Oberlehrerprüfung ab und erhielt eine Lehrbefähigung für Philosophie, Deutsch, Religion und Hebräisch.
Als Lebensstation folgte auf Jena die Rückkehr nach Putbus, wo er am Königlichen Pädagogium in Putbus ein Probejahr absolvierte und zwischenzeitlich auf dem elterlichen Gut half. Sich anschließende Lehrtätigkeiten - wieder - in Jena, Kötschenbroda und vor allem der englischen Grafschaft Derbyshire bestärkten ihn in seinem Ansinnen ein eigenes Schulmodell von der „Unterrichtsschule“ zur „Erziehungsschule“ zu entwickeln. Die dafür notwendigen Grundlagen fand er bei namhaften Vordenkern: Luther, Comenius, Pestalozzi, „Turnvater“ Jahn, Fröbel, Arndt und Fichte.
So trat der wissenschaftliche Unterricht in seiner Idee einer Reformpädagogik in den Hintergrund, der Lehrer wurde zum Erzieher und Partner des Schülers und eine hygienische Lebensweise zum Grundsatz. Um diese Idee aber auch in die Tat umzusetzen zu können, strebte er die Gründung eines Landerziehungsheimes in einem natürlichen Umfeld an. Dieses fand er schließlich in der „Alten Pulvermühle“ bei Isenburg im Harz vor, wo er an seinem 30. Geburtstag – den 28. April 1898 – das erste Landerziehungsheim in Deutschland gründete. Weitere Eröffnungen – 1901 in Haubinda bei Hildburgshausen und 1904 in Schloss Biberstein in der Rhön - folgten.
1911 heiratete Hermann Lietz Jutta von Petersenn, die Tochter der Leiterin eines Landerziehungsheimes für Mädchen am Bodensee. Aus der Verbindung gingen zwei Mädchen und ein Junge hervor.
1914 kam es noch zur Gründung eines Landwaisenheimes. Dann begann der 1. Weltkrieg an dem Lietz als Freiwilliger teilnahm. Allerdings musste er in der Folge einer Erkrankung seinen Dienst quittieren. Am 12. Juni 1919 starb der Rüganer Hermann Lietz in Haubinda und wurde auf dem Kirschberg begraben.
Obgleich zu Lebzeiten nicht immer verstanden, greift seine Idee Kindern und Jugendlichen eine optimale Förderung nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten zu geben, bis heute zunehmend an Raum.