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Begrenzte Perspektive? Die Regionale Schule in Binz... |
Stralsund / Rügen (PA).
Die "Bürger für Vorpommern-Rügen" nehmen in einer Pressemitteilung
Stellung zur aktuellen Bildungspolitik im Landkreis Vorpommern-Rügen.
Kritik üben sie dabei nicht nur am Schulentwicklungsplan des Landkreises
Vorpommern-Rügen für die allgemein bildenden Schulen sondern auch an der Bildungspolitik der Landesregierung von SPD und CDU.
Laut dem derzeitgen Stand haben
gleich mehrere Schulstandorte eine begrenzte Perspektive. Davon
betroffen sind beispielsweise die Städte Putbus und Garz sowie die
Gemeinden Binz, Gager, Sellin, Göhren, Sagard, Wiek, Altenkrichen,
Vitte, Zingst, Lüdershagen, Dierhagen, Velgast und Tribsees. Die dort
betroffenen Grund- bzw. Regionalschulen werde nur noch im 5-jährigen
Planungszeitraum weitergeführt. Den Grundschulen in Brandshagen, Horst
und Reinberg drohe bereits das "Aus". Ihre Schüler sollen laut Schulentwicklungsplan zukünftig in Miltzow zur Schule gehen.
Der Kampf um die Schulstandorte
sei nicht neu, so die "Bürger für Vorpommern-Rügen". Schließlich würde
am Schulstandort auch die Entwicklung eines Ortes hängen. Welchen
positiven Einfluß dabei eine Bildungseinrichtung auf einen Ort habe,
ließe sich auf der Insel Rügen exemplarisch über einen längeren Zeitraum
an Putbus nachweisen. Erst mit dem Wegfall von Bildungseinrichtungen -
wie dem Pädagogium oder später der Regionalen Schulen - verknüpft sich
auch der allgemeine Niedergang von Putbus. Heute würden Familien, die
ihren Lebensmittelpunkt in einem Ort des Landkreises Vorpommern-Rügen
begründen, zu Recht die mangelnden Perspektiven beklagen: Zunächst
mangele es an Kindertagesstätten, später am nicht garantierten Bestand
von Schulen.
Fragwürdig wäre in diesem
Zusammenhang beispielsweise auch die Bildungspolitik des Landes in Bezug
auf Klassenstärken sowie die Ein- bzw. Zweizügigkeit. Leider wirke sich
der Unterrichtsausfall zusätzlich negativ auf Schulstandorte aus, bei
denen die staatlichen Schulen in Konkurrenz zu freien Trägern ständen.
Zwar sei nachvollziehbar, dass der Lehrermangel die Abdeckung des
Unterrichts erschwere, jedoch fehlten heute die Lehrer, die Anfang der
90er noch mit staatlichen finanzierten Umschulungsprogrammen in die
Wirtschaft gedrängt wurden. Diese damals entstandenen Jahrgangslücken
könnten heute auch nicht durch Quereinsteiger geschlossen werden. Zudem
könne man angesichts der Anforderungen die beispielsweise an
Oberstufenlehrer gestellt würden, kaum von einer Perspektive im Beruf
sprechen. Deren Arbeitsleben beginne ab Anfang 30 und sei dann zusätzlich mit
abzuzahlenden Studienkrediten belastet. Festzustellen sei auch, dass nur 35% der Lehramtsstudenten das zweite Staatsexamen schaffen und somit auch in der Oberstufe als Lehrer tätig werden können. Wer sich ernsthaft Gedanken um die zukünftige Gestaltung von Schule mache, so die "Bürger für Vorpommern-Rügen", müsse sich schon fragen, was eigentlich mit den restlichen 65% passiere?
Auch sei die durch das Land festgelegte
Unzumutbarkeit der Wegezeiten für Schüler - in der Grundschule betrüge
die festgeschriebene Schulwegzeit 2 x 40 Minuten, in der Regionalen
Schule, der Gesamtschule sowie dem Gymnasium 2 x 60 Minuten -
fragwürdig. Die "Bürger für Vorpommern-Rügen" fragten sich deshalb auch, wie gesund solche Belastungen für Kinder und Jugendliche seien? Es stehe außer Frage, dass die Bildungsmisere ein Ergebnis
der durch das Land vorgegebenen Rahmenbedingungen sei. Daran hätte wohl auch die Novellierung des Schulgesetzes, die nun auf die Zeit nach (!) den Kommunalwahlen verschoben wurde, nichts geändert.
Diskussionswürdig sei zudem
auch der Wegfall von Fahrtkosten im öffentlichen Nahverkehr bzw. deren
Übernahme durch den Landkreis Vorpommern-Rügen. So sei zu prüfen, welche
Wirkung das Instrument, welches ursprünglich zur Entlastung der Eltern
gedacht sei, auf den Niedergang von Klassenstärken an staatlichen
Schulen habe, die in direkter Konkurenz zu Schulen privater Träger in
den Nachbargemeinden stehen. Hier sei speziell auf das Beispiel des
Ostseebades Binz auf Rügen verwiesen, deren Regionalschule auch nur noch
im 5-jährigen Planungszeitraum weitergeführt wird. Dabei sei auch anzumerken, dass die finanzielle Förderung der Standorte Saßnitz und Sellin durch die Landesregierung, nicht ohne Wirkung auf Binz bleiben werde.
Bezogen auf Vorpommern als
Landesteil, der einen weiteren Geburtenrückgang zu erwarten habe und
dessen Altersdurchschnitt bei den Bürgerinnen und Bürgern weiter steige,
bedürfe es einer neuen Bildungspolitik, die diesen Entwicklungen
Rechnung tragen. Dies dürfe aber nicht bedeuten, dass die Anzahl der
Schulschließungen und der Niedergang der davon betroffenen Orte weiter
gehe. Wichtig wäre stattdessen auf Klasse statt Masse zu setzen und
damit auch dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Andernfalls habe man
am Ende nur noch Schulzentren in den zentralen Städten und Schüler, die
als "fahrendes Volk" unterwegs wären. Und dies gelte es auch im
Interesse des Familienlebens zu verhindern.
Erst kürzlich sagte die Minitserpräsidentin Manuela Schwesig (SPD): "Wir brauchen ein Schulgesetz in Mecklenburg-Vorpommern, das in der Praxis gut ankommt und breit getragen wird." Die "Bürger für Vorpommern-Rügen" fragten sich allerdings, bei diesen einleuchtenden Erkenntnissen, warum diese nicht schon längst die Grundlage für das Handeln der Landesregierung von SPD und CDU wäre.